„Biodiversität in der Kulturlandschaft“ – 18. Workshop der AG Vegetationsdatenbanken
Dieses Jahr trafen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für drei Tage beim 18. Workshop der AG Vegetationsdatenbanken am Campus Triesdorf der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Das Thema lautete „Vegetationsdatenbanken und die Biodiversität in der Kulturlandschaft“. Prof. Dr. Michael Rudner, Fakultät Umweltingenieurwesen (Biomasse-Institut), in Abstimmung mit Prof. Dr. Jörg Ewald, dem Leiter der Arbeitsgruppe Vegetationsdatenbanken hatten eingeladen. Während die Biodiversitätsforschung bereits bei den vorangegangenen Workshops 2002 und 2004 Thema war, wurde 2019 der konkrete Bezug zur Kulturlandschaft in den Vordergrund gestellt. Angesichts der starken Abnahme der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft in den letzten Jahrzehnten stand die Frage im Mittelpunkt, welchen Beitrag die Auswertung von Vegetationsdaten zum Bilanzieren der zeitlichen Entwicklung und zum Verständnis der Triebkräfte dieser Entwicklung leisten kann. Der Workshop war offen für WissenschaftlerInnen, PraktikerInnen und auch für Studierende.
Mit einem Blick um 2000 Jahre zurück in die Zeit der ersten großen Umwälzungen in der Kulturlandschaft durch die Siedlungs- und Sicherungsaktivitäten der Römer begann die Tagung. Im Limeseum (Ruffenhofen) stellte der Leiter Dr. Matthias Pausch die jüngsten archäobotanischen Befunde vor. Im Anschluss spannte Prof. Dr. Peter Poschlod (Universität Regensburg) den Bogen von den Anfängen der Kulturlandschaft zur heutigen Entwicklung. Er zeigte auf, welche Verantwortung wir für bestimmte Arten haben und welche Rolle ein funktionierender Habitatverbund durch Weidetiere in der Vergangenheit gespielt hat. Cynthia Tobisch (HSWT) stellte ihren Forschungsansatz im Projekt LandKlif vor. In diesem Projekt werden die aktuellen Veränderungen der biologischen Vielfalt in urbanen, landwirtschaftlich genutzten und von Wald bestandenen Bereichen der durchschnittlichen Landschaft in Bayern erfasst. Anhand einer Auswertung der Florenkartierung hinsichtlich regionaler Unterschiede wurde diskutiert, wie sich Erfassungsaufwand und Attraktivität der Landschaft auf die Ergebnisse auswirken können. Prof. Dr. Florian Jansen (Universität Rostock) griff dies im Kontext der Trendanalyse von Arten auf. Nach ersten Ergebnissen fällt dies am deutlichsten für mittel häufige Arten aus. Die Herausforderung der Verknüpfung der floristischen Kartierung mit einer Vegetationsdatenbank und letztlich den Daten der Biotopkartierung besteht in der unterschiedlich feinen räumlichen Auflösung. Weiterhin spielt die jeweilige Erfassungstiefe eine Rolle. Beides erfordert einen ausgefeilten Analyseweg. Dieser Frage wurde auch von Dr. Ute Jandt (Universität Halle) anhand der Trendanalyse von Arten auf Grundlage der Biotopkartierung von Schleswig-Holstein nachgegangen.
Iwona Dembicz (Botanisches Institut Warschau, Polen) eröffnete den Themenbereich Grünland mit der Vorstellung der internationalen Datenbank Grassplot. Die Besonderheit dieser Datenbank, die von einer AG der Eurasian Dry Grassland Group entwickelt wurde, liegt darin, dass für einen Vegetationsbestand die Aufnahmefläche von sehr klein bis sehr groß variiert wird, um die biologische Vielfalt auf verschiedenen Skalen erfassen zu können. Zu den Veränderungen in Borstgrasrasen in Eifel, Rhön und Weserbergland in den vergangenen Jahrzehnten äußerte sich Dr. Cord Peppler-Lisbach (Universität Oldenburg). Er konstatierte, dass diese Veränderungen in erster Linie auf eine Nährstoffanreicherung zurückzuführen sind, wobei Versauerungstendenzen nicht festzustellen waren.
Zu Bestandsveränderungen und zum Schutz von Ackerwildkräutern gab PD Dr. Harald Albrecht (TU München) einen Überblick. Insbesondere die auf den Lebensraum Acker beschränkten Wildkräuter gelten inzwischen zu einem großen Teil als gefährdet. Winter-annuelle, wie etwa der Acker-Hahnenfuß, sind besonders betroffen. Es wurden verschiedene Ansätze zur Etablierung von seltenen Ackerwildkräutern vorgestellt und auch die Bedeutung der regionalen Herkunft des Saatguts betont. Einen Versuch zu diesem Ansatz stellte Friedrich Gronauer-Weddige (Technikerschule Triesdorf) vor. Hier kamen die praktischen Fragen der Etablierung von Arten zur Sprache. Neben biologischen Eigenschaften der Arten, wie etwa Dormanz, wurde auch der Umfang der Ertragseinbußen durch lichte Aussaat thematisiert. Über die Verknüpfung von landwirtschaftlichen Datensätzen mit Vegetationsdatensätzen zur Analyse von Bestand und Entwicklung der Ackerwildkräuter berichtete Dr. Jana Bürger (Universität Rostock). Neben dem Aufnahmezeitpunkt spielen auch die Aufnahmemethode und die Genauigkeit der Pflanzenbestimmung eine große Rolle. Bei landwirtschaftlichen Erfassungen liegt der Zeitpunkt in der Regel früh und die phänologische Entwicklung der Pflanzen steht noch am Anfang. Damit heben sich diese Erfassungen sehr stark von Vegetationsaufnahmen ab, die sich an einer guten phänologischen Entwicklung der Arten orientieren. Ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Begleitvegetation in Kurzumtriebsplantagen in Mittelfranken (Jakob Bogenreuther & Michael Rudner, HSWT) rundete den Workshop ab.
Die Tagung wurde noch ergänzt durch folgende Kurzvorträge. Imen Bousrih (Tunis, Tunesien) präsentierte einen vergleichenden Forschungsansatz zur Interaktion der Floren des Offenlandes und der Wälder in verschiedenen Klimazonen. Untersuchungsansätze im Forschungsprojekt „Schnittmuster – Mahdmosaik in grünlanddominierten Landschaften“ wurden von Esther Baumann und Anna Guthmann (beide HSWT, BIT) vorgestellt. Einen weiteren Beitrag leistete Christoph Binder (SG MUT) mit seinen vergleichenden Untersuchungen zu submersen Makrophyten in Wörnitz und Altmühl.
02.05.2019, Prof. Dr. Michael Rudner, Franziska Kohlrausch